Sonntag, 5. September 2010

Michael Schweizer, hast du mal fünf Minuten für uns?

Heute möchten wir euch mal mit einem Interview von Michael Schweizer vom Profiteam Nutrixxion versorgen. Er ist ein interessanter Vertreter des Radsports, da er als Fahrer in einem Profiteam, bei gleichzeitiger Anstellung als Städteregionsinspektor mit Universitätsabschluss, eine Ausnahmeerscheinung im Radsport darstellt. Sein Vollzeitjob wirkt sich interessanter Weise keinesfalls auf die Ernsthaftigkeit und Erfolgsorientierung bei der Ausübung seines Nebenjobs als Radprofi aus.



Er kann unter anderem folgende Ergebnisse auf seinem Konto verbuchen.

Deutscher Meister der Studenten, 2. Platz WM  der Studenten, 6. Platz DM Straße Profis, Etappensieger Tour de Liege, Gewinner des Sprinttrikots Tour de Moselle und Tour de Liege, NRW-Meister, Sieger des UIV-Cup des Stuttgarter 6-Tage-Rennens

Der 26 jährige, der sich selbst als Sprintender Allrounder einstufen würde, war so nett uns einige Fragen zu beantworten, von denen wir hoffen, dass sie euer Interesse treffen. Doch macht euch einfach selbst ein Bild davon:

Natürlich erstmal die obligatorische Frage:

1. Was verstehst du unter einem perfekten Coffeeride?

Ein schöner sonniger Sommertag, an dem ich ausgeschlafen und in Ruhe gefrühstückt habe. Anschließend sitzen wir beim Training im Cafe und genießen, bei gutem Kaffee die Sonne.


Nun ein paar Rennthemen aus der Sicht von Michael:

2. Was sind die am häufigsten auftretenden Anfängerfehler in Radrennen?

Was mir persönlich am häufigsten auffällt ist, dass in den Kurven innen überholt wird, ohne dass es einen Sinn macht. Das ist nur gefährlich und bringt meistens gar nix. Es macht viel mehr Sinn, auf der Geraden nach vorne zu fahren. Man kann natürlich, wenn es nicht knapp ist, innen in einer Kurve überholen. Jedoch sollte man sich das überlegen, wenn das Tempo hoch ist und eh schon alle eng und schnell durch die Kurven fahren. Dies ist jedoch keineswegs ein Anfängerfehler, sondern vielmehr eine weit verbreitete Unsitte, die oft nervig und gefährlich ist. Vor allem wenn der in der Kurve gewonnene Platz auf der Geraden wieder verloren wird.

Dann sind Neueinsteiger oft zu nervös und verschießen zu früh ihre Kräfte. Es gilt doch meistens der Spruch "Am Ende hebt die Kuh den Schwanz". Man sollte so lange, wie möglich warten seine Körner auf die Straße zu werfen oder nur wenn es die Rennsituation erfordert. Dies dauert eine Zeit, bis man das Bauchgefühl entwickelt hat, wann der richtige Zeitpunkt ist, um Gas zu geben. Oft hat es aber auch mit Glück zu tun.
Dazu gehört auch, dass man konzentriert bleibt. Zum Beispiel sollte man bei einem Defekt seinen Arm in die Luft strecken, um seine Konkurrenten zu warnen und nicht einfach langsamer werden oder sogar bremsen.


Ein weiterer oft gesehener Fehler tritt beim Fahren in der Reihe auf. Diese treten aber eher bei Straßenrennen als bei Kriterien auf.

Wenn das ganze Feld in einer Reihe fährt, und das Tempo hoch ist, ist es nicht verwunderlich, dass einige Fahrer Probleme bekommen. Dann ist es jedoch nicht gut für die Fahrer dahinter, wenn man einfach in der Reihe bleibt und nicht anzeigt, dass man ein Loch bekommt und dieses schnell immer größer wird. Vor allem bei Kantenwind ist es überhaupt nicht sinnvoll, mit aller Kraft auf der Kante zu fahren und zu versuchen, am Hinterrad zu bleiben.
Wenn man in der Reihe fährt und merkt, man kann nicht am Hinterrad bleiben, sollte man entweder aus der Reihe raus gehen, um seinen Hintermännern kein Riesenloch zu servieren, oder sich zumindest bemerkbar machen, dass man überholt werden will. Dann können die hinter einem fahrenden direkt vorbeifahren, müssen kein großes Loch zudrücken und geben dem abgefallenen Fahrer noch ein bisschen Windschatten mit.
Im Fall von Kantenwind ist es schlau, wenn man anstatt auf der Kante zu fahren eine zweite oder dritte Staffel aufmacht, so dass wieder mehr Fahrer Windschatten haben. Am Ende der Windkante laufen dann die vorderen Gruppen oft wieder zusammen. Zumindest spart dies eine Menge Kraft.

Beim Fahren in der Reihe ist es auch sehr von Vorteil, immer ein Auge nach vorne zu haben. Nicht nur auf das Hinterrad des Vordermannes schauen, sondern auch mal an der Reihe vorbei 10-20 Plätze nach vorne. Das geht ganz einfach, indem man den Kopf zur Seite raussteckt und nach vorne schaut, dabei sitzt man zwar schief auf dem Rad aber gewinnt einige Vorteile.
Zum einen kann man dann viel einfacher und besser im Windschatten auf der Kante fahren, da man sich sicherer fühlt (zumindest ist das bei mir so). Wenn ich nicht nach vorne schaue, kann ich nicht hart auf der Kante im Windschatten fahren sondern bin immer leicht versetzt im Wind. Zum anderen sieht man alles. Man sieht wenn ein Auto am Rand steht, man sieht wenn die Straße einen Bogen macht oder wenn am Rand Schlaglöcher oder Dreck liegen. Und somit vermeidet man Stürze und hält seine Haut schön ;)





3. Welche besonderen Verhaltensweisen sind beim Fahren im Feld zu beachten?

Es ist natürlich am besten, wenn man vorne im Feld fährt. Da bekommt man alles mit und hat die geringste Gefahr zu stürzen oder durch das Unvermögen anderer abgehangen zu werden. Das Problem ist natürlich, dass jeder vorne fahren möchte, aber nicht für alle Platz ist. Am Geschicktesten ist es am Start von vorne zu kommen und sich vorne aufzustellen. Um im Feld dann auch vorne zu bleiben, muss man immer drauf achten was hinter einem passiert. Meistens kommt dann von den Seiten wieder ein ganzer Schwung Fahrer nach vorne und wenn man nicht aufpasst fährt man wieder hinten im Feld. Deswegen muss man immer drauf achten, dass man sein Vorderrad frei hält und was hinter einem passiert. Um noch ein bisschen Kraft zu sparen, hält man sich am besten um die 20-30 Position auf. Von dort muss man dann immer wieder leicht nach vorne fahren, um nicht eingebaut zu werden. Am besten immer mit jedem Schwung, der kommt wieder nach vorne fahren oder vorher schon vorstecken um gar nicht erst nach vorne fahren zu müssen.
Allgemein kann man noch sagen, dass es wichtig ist immer aufmerksam zu bleiben und nicht die Konzentration zu verlieren. Auch wenn man sich im Rennen mal unterhält sollte man immer im Auge behalten was passiert, um Stürze zu vermeiden.


4. Wie sieht bei dir das Training in den letzten Tagen vor einem wichtigen Rennen aus?

3 Tage vor dem Rennen fahre ich noch eine normale Trainingseinheit, meistens noch leicht intensiv mit EB. 2 Tage vor dem Rennen mache ich meistens einen Ruhetag oder fahre eine ganz lockere kurze Einheit, nach Möglichkeit mit Coffeebreak ;) Den Tag vor dem Rennen gestalte ich nach Gefühl. Wenn ich mich gut fühle, fahre ich 2 kurze Vorbelastungen von 2 min im EB-Bereich und anschließend 2-3 kurze Sprints. Wenn ich mich müde fühle, fahre ich entweder gar nicht oder nur ein bisschen.

5. Was kannst du vor dem Rennen essen und was geht gar nicht?

Morgens ein ganz normales Frühstück, mit Brötchen und dazu ein Müsli schmeckt mir am besten. Nudeln gehen morgens, bei mir gar nicht rein. Wenn das Rennen spät ist, macht es mir nix aus was ich vorher esse, dann geht alles rein.

6. Möchtest du uns noch etwas mit auf den Weg geben?

Radfahren ist für mich einfach ein genialer Sport. Man ist immer draußen an der frischen Luft (bei schönem Wetter), man sieht sehr viel und lernt die gesamte Umgebung kennen, in der man wohnt. Mit Freunden zu fahren, Kaffeepausen zu machen und einfach alles zu genießen ist für mich einfach genial und macht meistens sogar abends nach der Arbeit noch Spaß.
Wenn dann bei den Wettkämpfen noch Erfolg dazu kommt, ist es natürlich noch besser.
 








Wir hoffen die Fragen in eurem Interesse gestellt zu haben! Für das nächste Interview in dieser Serie wird ein Profitriathlet aus der WCS Serie zur Stelle sein. Um die richtigen Fragen stellen zu können, bitten wir euch, eure Vorschläge an mailcoffeeride@gmail.com zu senden, wir würden uns freuen!

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